Jutta Brüdern in der Presse (5)

Schau mir in die Augen
Die Braunschweiger Fotografin Jutta Brüdern zeigt neue Porträts in Braunschweig



Von Marianne Winter

Mehr als 80 Charakterköpfe hat die Fotografin Jutta Brüdern abgelichtet, um das Bild Braunschweigs nicht nur der Architektur zu überlassen, sondern von der menschlichen Seite zu entfalten. Die Aufnahmen sind eine Fortsetzung des bereits vorhandenen Bildbands "Profile I".

Noch füllt das neue Konvolut die Wände der Torhaus-Galerie des botanischen Gartens, bereit zur Überprüfung und in Erwartung eines Verlegers. Aus doppelreihiger Hängung fixieren hundert wache Augenpaare den Betrachter.

Immer hat die Fotografin während der Arbeit den Blickkontakt und das Gespräch mit ihrem Protagonisten gesucht, typische Ausdrucksweisen erkannt und Momente eines Dialogs festgehalten, der sich lebhaft auf den Besucher überträgt.

Jutta Brüdern, die ihre Meriten besonders als Architekturfotografin erworben hat, bezeichnet die Porträtfotografie als schwierigste Aufgabe ihres Berufes. Es braucht Geduld und Einfühlung, bis sich eine Persönlichkeit erschließt, bis es ihr gelingt, in den Gesichtszügen den ganzen Menschen zu erkennen.

Über natürliches Licht modelliert sie die plastischen Formen, nimmt nur für den lebendigen Augenkontakt eine zusätzliche Lichtquelle. Erst in der Dunkelkammer beweisen sich Qualität oder Misserfolg des Auslösermoments. Nichts wird verändert, keine Retusche, keine Farbe, keine Computerbearbeitung. Es ist eine ehrliche, analoge Fotografie.

Das Papier ist wichtig und der warme Ton des Entwicklers. Er entlockt dem Schwarzweiß subtile, farbig anmutende Grautöne. So lernen wir sie kennen, die Bildhauerin, die mit männlich verbissenem Ernst Gartenzwerge modelliert, den Mikrobiologen, der hinter einem winzigen Lächeln gleichermaßen Distanz, Interesse und Ironie zeigt, den Organisten, der auch das Kirchengestühl mit ganzer Körperfülle beherrscht, den Architekten, dessen Gestik, Mimik und Augen vor Tatendrang funkeln, die Unternehmerin, noch im hohen Alter durch Disziplin und musisch geistige Aktivität geprägt.

Oder das türkische Ehepaar, Frau und Mann gleichberechtigt in sich ruhend, voller Stolz auf den eigenen Betrieb. Sie bilden eine Ausnahme unter den Braunschweiger Profilen, die vorrangig aus Wissenschaftlern, Ärzten, Künstlern und Kulturschaffenden gefiltert wurden, mehr Männer als Frauen, aber auch Ehepaare. Eine Gemeinschaft von Freunden, von Weggefährten, die hier das Gesicht der Stadt vertreten.

Noch ist das Werk nicht abgeschlossen. Einige der Porträtierten leben nicht mehr. Andere werden hinzukommen. "Die Zeit bleibt stehen, wir sind es, die vergehen" formulierte einst die Dichterin Mascha Kaleko. Braunschweigs Profile werden sich ständig wandeln. Was bleibt, werden weniger die Namen sein, als die Menschen, die in diesen Aufnahmen Gesicht und Wesen einer Epoche verkörpern.

Bis 2. Januar im Torhaus des Botanischen Gartens, Mo.-Fr. 10-14 und 16-18 Uhr. So. 10-14 Uhr. Jeden Sonntag Führung durch die Fotografin.


Autorin: Marianne Winter, 07.12.2010
Quelle: http://www.newsclick.de/index.jsp/menuid/9759657/artid/13368055
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